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Klaus J. Bade, Jochen Oltmer, Normalfall Migration: Texte zur Einwandererbevölkerung und neue Zuwanderung im vereinigten Deutschland seit 1990, Bundeszentrale für Politische Bildung bpb 2004

Pressemitteilung der Bundesregierung zum Anwerbestopp vom 27. November 1973: „Maßnahmen zur Eindämmung der Ausländerbeschäftigung“

„Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung teilt mit: Bundesarbeitsminister Walter Arendt hat die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg mit Zustimmung des Kabinetts am 23. November 1973 angewiesen, zeitweilig keine Arbeiter aus dem Ausland mehr zu vermitteln. Der Minister betonte dazu in einer Presseerklärung:

‚Es handelt sich dabei um eine vorsorgliche Maßnahme zur Eindämmung der Ausländerbeschäftigung. Für die in unserem Lande beschäftigten Menschen besteht kein Anlaß zu ernster Besorgnis. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, daß sich aus der Energieverknappung gewisse Beschäftigungsrisiken ergeben. Für diesen Fall wollen wir schon heute rechtzeitig vorsorgen.’

Die Anweisung des Ministers hat ihre Rechtsgrundlage im § 19 Absatz 4 des Arbeitsförderungsgesetzes. Durch diese Vorschrift ist der Bundesarbeitsminister ermächtigt, der Bundesanstalt über die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern Weisungen zu erteilen.

Aufgrund der jetzt gegebenen Anweisung, die mit sofortiger Wirkung in Kraft tritt, werden die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit im Ausland ihre Arbeit etwa drei Wochen früher als bisher üblich einstellen. Sie werden ihre Tätigkeit wieder aufnehmen können, wenn es nach Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angebracht erscheint. In den letzten Jahren hatten die Auslandsdienststellen der Bundesanstalt ihre Tätigkeit Mitte Dezember über Weihnachten und um die Jahreswende auch für einige Zeit eingestellt.

In der Bundesrepublik Deutschland sind zur Zeit etwa 2,6 Millionen Ausländer beschäftigt. Den Auslandsdienststellen der Bundesanstalt für Arbeit liegen noch etwa 60000 Anwerbeaufträge von deutschen Firmen vor. Sie werden als erste von dem zeitweiligen Vermittlungsstop betroffen.

Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt. Mit diesem Zustrom hat die Aufnahmefähigkeit der sozialen Infrastruktur verständlicherweise nicht mithalten können. Vor allem in Verdichtungsräumen wie Berlin, Frankfurt/Main, München und Stuttgart haben sich dadurch zum Teil nicht mehr zu verantwortende soziale Zustände ergeben.

Aufgrund dieser Entwicklung hatte das Kabinett schon am 6. Juni dieses Jahres ein Aktionsprogramm zur Eindämmung der Ausländerbeschäftigung beschlossen. Eine Reihe der zu diesem Zweck vorgesehenen Maßnahmen wurde bereits in die Tat umgesetzt. Dazu gehören die Erhöhung der Vermittlungsgebühr von 300 DM auf 1000 DM, die von den Anwerbefirmen an die Bundesanstalt zu entrichten ist, und eine strengere Prüfung und Überprüfung der Gemeinschaftsunterkünfte, die von den Firmen für ihre Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Diese Maßnahmen haben schon dazu beigetragen, daß die Zahl der Vermittlungsaufträge in den letzten Wochen stark zurückgegangen ist. Außerdem haben Bund und Länder mittlerweile ein Verfahren abgesprochen, um den Umfang der Ausländerbeschäftigung in überlasteteten Siedlungsgebieten nicht noch weiter steigen zu lassen. Darüber hinaus wird die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Zukunft noch härter bekämpft werden als bisher“.

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Bonn, Nr. 151, 27.11.1973, S. 1506.

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